Danzig, 2015

Als Ostdeutscher war ich bisher recht stolz auf die friedliche 89′ Revolution. Kein Schuss fiel und die Grenzen öffneten sich. Das war der Startschuss für alle anderen damaligen sozialistischen Länder, so dachte ich.

Nun weis ich, dass der Startschuss ganz woanders fiel, nämlich in Danzig. Ein kurzer Ausflug in die noch junge Danziger Geschichte?

1980 waren die Lebensbedingungen der Polen derartig schlecht, dass sie, noch lokal, gegen die Preiserhöhungen von Lebensmitteln streikten. Das landesweite Aufbegehren startet erst im August 1980 auf der Danziger Leninwerft. Der Grund: die Kranführerin Anna Walentynowicz wurde ein halbes Jahr vor ihrem Rentenbeginn entlassen. Sie wurde für Ihre politische Aktivität in der Gewerkschaftsbewegung bestraft.

Aus der Streikbewegung ging die Soldarnośz hervor. Sie hatte mit der Kirche und dem Papst starke Unterstützer. Das war in einem auch in dieser Zeit stark religiösen Land von großer Bedeutung.

Ein erstes Ergebnis der Solidarnośz waren die 21 Forderungen, die über dem Werktor publik gemacht worden. So wurde das Existenzrecht parteineutraler Gewerkschaften gefordert. Ebenso Pressefreiheit und heute so normal anmutende Punkte wie ein arbeitsfreier Samstag. (Der Katalog der Forderungen ist heute Bestandteil des Unesco-Weltkulturerbes.)

Nach zwei Wochen Streik stimmte die Regierung diesen Forderungen zu. Die Solidarnośz war nun eine offizielle Bewegung mit Lech Wałęsa an ihrer Spitze. Die Solidarnośz wuchs rasant an und stellte für die sozialistische Regierung Polens eine Bedrohung ihres Herrschaftsanspruches dar. Im Dezember 1981 wurde zur Wiederherstellung des Status Quo das Kriegsrecht ausgerufen. Die Solidarnośz wurde verboten; die führenden Köpfe wurden interniert. Die Untergrundzeit der Solidarnośz begann.

Die Situation änderte sich erst 1988 mit der Ära Gorbatschov. Das kommunistische System konnte sich wirtschaftlich nicht mehr tragen und die Unzulänglichkeiten im täglichen Leben ließen sich nicht mehr verbergen. Die Regierung führte wieder Gespräche mit der Solidarnośz. Im April 1989 wurde die Solidarnośz erneut legitimiert. Die 2 Monate später stattfindenden Wahlen brachten die Bewegung zusammen mit der kommunistischen Partei in die Regierungsverantwortung.

Bereits 1990 mussten erneut Wahlen abgehalten werden. Nunmehr hatte die Solidarnośz die alleinige Regierungsverantwortung inne.

Soweit der historische Abriss dieses Jahrzehnts. Mittendrin erhielt Lech Wałęsa 1983 den Friedensnobelpreis. Die Welt verfolgte also das Geschehen sehr aufmerksam und klatschte Beifall.

2014 wurde just auf dem Werftgelände ein Museum eröffnet, das die Geschichte dokumentiert. Das Museum selbst ist architektonisch interessant. Von außen rostet der Stahl des Gebäudes, wie ein Schiff es eben tut. Innen ist das Haus heller und lichtdurchfluteter, als man es erwarten würde.

Die Ausstellung selbst gliedert sich in 6 Räume. Sie ist durchweg sehr gut gelungen. Wer in Danzig ist: Hingehen und den Audioguide ausleihen!

Danzig, 2015
Danzig, 2015
Danzig, 2015
Danzig, 2015
Danzig, 2015
Danzig, 2015
Danzig, 2015
Danzig, 2015
Solidarność-Museum

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